Leichtathletik Region
Ostfriesland e.V.
Lena Stumpf - Sportlerin des Jahres aus Leer
Im Trikot von Werder Bremen feierte Lena Stumpf ihre größten Erfolge
Ostfriesen Zeitung / GL - Die Liste deutscher Sportlerinnen des Jahres ist lang. Sie reicht von Steffi Graf bis Ulrike Meyfahrt und von Franziska van Almsick bis Katja Seizinger. Eine Ostfriesin war all diesen Stars aber um Jahrzehnte voraus. Lena Stumpf aus Leer war 1949 die sportliche Nummer eins der Nation. Neun Titel bei Deutschen Meisterschaften sind in den Geschichtsbüchern für die Leichtathletin notiert. Zu einer Berühmtheit wurde sie 1949, als sie den Weltrekord im Fünfkampf aufstellte.
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„Das ging in vielen Ländern durch die Presse“, erinnert sich die 79-Jährige. So trudelten Glückwünsche nicht nur aus dem Bundesgebiet ein. „Ich bekam sogar Post aus Kanada.“ Über die Adresse wundert sich die Leeranerin, die seit vier Jahrzehnten in Bad Harzburg lebt, noch heute. „Da stand nur drauf: ,Lena Stumpf : Deutschland´, aber die Post kam in Leer an.“
Nicht allein die sportliche Bestleistung ließ die ganze Welt aufhorchen. Es waren die besonderen Umstände der Laufbahn. Denn die Karriere der Leeranerin erreichte nach Krieg und lebensgefährlicher Krankheit ihren Höhepunkt.
Von 1942 bis 1944 studierte die spätere Sportlehrerin in Leipzig. „Dann bin ich noch rechtzeitig zurück nach Leer gekommen“, erzählt Lena Stumpf. So entging sie zwar den Bomben, doch dafür fing sie sich 1944 gefährliche Bakterien ein. „Ich bekam Diphtherie.“ Diese bedrohliche Halskrankheit wurde zunächst nur für eine Mandelentzündung gehalten. „Deshalb habe ich das Serum zu spät bekommen“, sagt Lena Stumpf.

Und damit begann eine ewige Leidenszeit. Mehr als zwei Jahre war die Leeranerin ans Bett gefesselt. „Als Folge der Diphtherie hatte ich Lähmungen. Ich konnte mich kaum bewegen.“
Als die Leichtathletin den Kampf gegen die Krankheit endlich gewonnen hatte, rannte sie schneller und sprang weiter als je zuvor. „Ich war wie befreit und hatte einfach Spaß daran, mich wieder bewegen zu können“, sagt sie rückblickend.
Wie fast alle ihrer sechs Geschwister war sie schon als Kind eine herausragende Sportlerin gewesen. So wurde Lena Stumpf 1938 als 14-Jährige mit 5,21 Metern Dritte bei den Deutschen Jugendmeisterschaften im Weitsprung. „Einen Trainer hatte ich damals nicht“, sagt die Seniorin. „Ich bin von Leer aus ganz alleine mit dem Zug zu den Titelkämpfen nach Breslau gefahren.“

Rund zehn Jahre später sorgte die Ostfriesin dann bundesweit für Schlagzeilen. Die ersten beiden Deutschen Meistertitel gewann sie noch im Trikot von Germania Leer, dann schloss sie sich Werder Bremen an. „Die Bremer hatten eine gute Mannschaft und fuhren zu allen großen Wettkämpfen“, erklärt Lena Stumpf den Vereinswechsel.
Die größten Tage ihrer Karriere erlebte sie am 23. und 24. Juli 1949. Da stellte sie mit 447 Punkten den Weltrekord im Fünfkampf auf. Die 100 Meter lief sie in 12,5 Sekunden, sie sprang 1,60 Meter hoch und 5,91 Meter weit. Außerdem erreichte sie im Speerwurf 42,60 Meter und im Kugelstoßen 12,04 Meter. „Meine Stärke war die Ausgeglichenheit. Ich war schnell und hatte eine kolossale Sprungkraft“, sagt Lena Stumpf. Allzu viel Training war gar nicht nötig. „Mir fiel vieles in den Schoß.“

Der Rekord von Bremen machte Lena Stumpf zur Heldin von Deutschland. Die Journalisten wählten sie Ende 1949 zur Sportlerin des Jahres. Und 1950 erhielt sie das Silberne Lorbeerblatt. Bundespräsident Theodor Heuss hatte es kurz zuvor als höchste Auszeichnung für Sportler gestiftet. Die Leeranerin bekam das Silberne Lorbeerblatt bei den Deutschen Meisterschaften in Stuttgart überreicht. Dieser Tag bleibt für sie unvergessen. „Vor 50 000 Zuschauern tönte auf einmal mein Name aus den Lautsprechern“, erzählt Lena Stumpf. „Ich musste dann auf ein Podest steigen. Es war fantastisch.“

In den folgenden Jahren sprang und lief die Ostfriesin von Titel zu Titel. 1951 steigerte sie noch einmal ihren Fünfkampf-Rekord. Aber wegen zu starken Rückenwindes beim Sprint fand diese Bestmarke keine Anerkennung. Ihre konstanten Leistungen bestätigten aber den Ruf der Leeranerin, die beste Mehrkämpferin der Welt zu sein.
Kein Wunder also, dass sie als heiße Gold-Kandidatin für Olympia 1952 in Helsinki gehandelt wurde. Aber dieser Traum zerplatzte kurz zuvor bei den Deutschen Meisterschaften in Berlin. „Beim Warmlaufen bin ich umgeknickt und konnte bei Olympia nicht starten“, erzählt Lena Stumpf. „Das war bitter. Vor allem, weil ich ja die Nummer eins auf der Welt war.“ Eine Verletzung machte auch die Pläne für Olympia 1956 in Melbourne zunichte. Und bei den Europameisterschaften 1954 in Bern verhinderten Blessuren ebenfalls einen Medaillengewinn. Es reichte immerhin zu Platz vier im Fünfkampf.

Ab 1954 gewann Lena Stumpf im Wechsel für TV und Germania Leer noch so manchen Titel und manche Medaille. Auch danach blieb der Sport der Mittelpunkt in ihrem Leben. Lena Stumpf war zunächst Sportlehrerin an der Mittelschule in Leer und ab 1960 am Gymnasium in Bad Harzburg. Dort lebt sie auch heute noch mit ihrem Lebensgefährten. „Zum Heiraten habe ich nie Zeit gehabt“, lächelt sie. Denn die Lehrerin kümmerte sich intensiv um Beruf, Sport und ihre sechs Geschwister.
Fünf davon leben heute noch. Maria und Walter wohnen in Leer, Hanna in den USA. Nach Athen hat es Helga und Cornelia verschlagen. „Die beiden besuche ich im Sommer“, kündigt Lena Stumpf schon einmal an. Mit dieser Reise will sie sich einen Lebenstraum erfüllen. „Dort möchte ich die Olympischen Spiele erleben“, nickt sie. „Das habe ich früher als Sportlerin zweimal verpasst. Nun möchte ich jedenfalls einmal als Zuschauerin dabei sein.“ "

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