Philip Rietz will hoch hinaus
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Ostfriesen-Zeitung / UP -
Vor fast genau zehn Jahren, am 1. April 1998, trat Philip Rietz der
Leichtathletikabteilung von Germania Leer bei. Am Sonnabend erlebte der
16-Jährige den bisherigen Höhepunkt seiner Karriere: Bei den
Ostfriesischen Hallenmeisterschaften in Emden stellte der Hochspringer
mit 1,88 Metern nicht nur eine neue persönliche Bestleistung auf,
sondern gewann auch den Titel in der männlichen Jugend B.
„Etwas überrascht war ich schon“, sagt der Leeraner. „Aber
nur ein bisschen. Ich wusste ja, dass ich im Moment ganz gut in Form
bin.“ Der Mann lächelt sympathisch, von Überheblichkeit keine Spur,
stattdessen ist die Freude fast greifbar: „Meine Bestmarke stand bei
1,80 Meter. Acht Zentimeter: das ist natürlich schon ein gewaltiges
Stück besser.“ Werner Ostermeyer freut sich mit. „Ich glaube, der Philip hat
im Laufe der letzten Jahre erkannt, was er drauf hat. Und jetzt setzt
er das um“, sagt der Abteilungsleiter von Germania Leer.
2004 erscheint Rietz erstmals in den Bestenlisten: mit einer
Höhe von 1,34 Meter. Stück für Stück wird die Latte anschließend höher
aufgelegt. Im April vergangenen Jahres gelang der erste richtig gute
Sprung: Bei einem Sportfest in Stuhr bei Bremen bleibt die Stange bei
1,76 Metern liegen, da jubelte auch Germania-Trainer Stephan Böckmann,
der Rietz mittlerweile unter seine Fittiche genommen hat.
Beim Leichtathletik-Hallenmeeting im Dezember in Dortmund
verbesserte sich der Leeraner nochmals um vier Zentimeter, ehe am
Sonntag die erneute Steigerung folgte. Am kommenden Wochenende schnürt
Philip Rietz in Hannover als Ostfrieslandmeister die Schuhe, übrigens
ohne den ganz großen Druck: „Es wäre schön, wenn ich die Leistung von
Emden bestätigen kann. Aber wenn es ein schlechter Tag wird, was ja
auch immer mal passieren kann, dann wäre das ärgerlich, aber kein
Weltuntergang.“
So redet ein junger Mann, der zielstrebig ist, sich von zu
hohen Ansprüchen aber nicht die Luft nehmen lässt. Nach dem
Realschulabschluss im Sommer hat er sich an den Berufsbildenden Schulen
angemeldet. Ziel ist das Fachabitur Wirtschaft. Deshalb fiel am
Dienstag auch das Training aus: „Ich muss für eine Bio-Klausur pauken.“
Was nach dem Abitur kommt, weiß Rietz noch nicht. „Ich lasse das
langsam auf mich zu kommen.“
Diese Einstellung lebt er auch im Sport: Der 1,85 Meter große
Teenager, der für seinen Ehrgeiz kein Vorbild benötigt und auch
keines hat, sagt nicht, dass er bald die Zwei-Meter-Marke knacken
will. Er lächelt lieber verschmitzt und belässt es bei ruhigen Tönen:
„Ich würde mich gerne kontinuierlich steigern.“ Ein Leeraner will hoch
hinaus auf seine ganz eigene Art.